Juni 2010.
Ein erlebnisreiches Wochenende mit gleichgesinnten Ducativerrückten in Südtirol geht zuende. Morgen soll es schneien. Mitten im Sommer, bis auf 1000 hm. Heimfahrt über den Reschen oder doch eher Brenner? Die Mehrheit entscheidet: Autobahn, in der irren Annahme, dass diese sicher geräumt wird.
Ab 800 hm geht der Regen langsam in Schnee über. Die Flocken sind schwer und werden immer dicker. Im Helm wird es dunkel. Irgendwann ist das Visier von außen weiß und von innen zugefroren. Die wasserdichten Handschuhe sind erst naß, dann ebenfalls gefroren. Die Lederkombi, wie ein Ganzkörperkühlakku. Ich spüre nichts mehr. Nicht meine Hände, nicht die Füße, nicht den Hintern. Der Schnee fällt so dicht, dass auf der Straße längst kein Asphalt mehr zu sehen ist.
Schockgefrostet versuchen meine Gehirnzellen die Frage zu formulieren ob es keine anderen Hobbys gibt. Aber darüber nachzudenken ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Viel wichtiger ist: Fahre ich noch oder rutsche ich schon oder stehe ich etwa? Ich verliere das Gefühl für alles. Schafskälte heißt das, im Gepäck leider kein einziges Schaf und auch die Skiunterwäsche liegt daheim im Schrank. Der Winter ist 5 Monate zu früh dran. Gerade als ich mich frage ob ich das wohl ohne Erfrierungen, oder überhaupt überstehe, taucht eine Tankstelle auf. Mit unseren Fingern kühlen wir den Kaffee innerhalb von Sekunden auf Trinktemperatur runter. Ich werde diesen geheizten Raum nicht mehr verlassen, der Gedanke jemals wieder raus zu gehen und aufs Monsterle zu steigen will nicht in mein Hirn. Nicht mehr heute.
Zwei Eiskaffee später, wische ich die 10 cm Neuschnee vom Sitz und bin erleichtert dass die Bollerina sofort anspringt. Ehrlich gesagt hatte ich doch insgeheim ein wenig gehofft, dass sie es nicht tut. Immerhin, jetzt geht es bergab und mit der Laune wieder bergauf. Gut eine Stunde später bin ich aufgetaut. Wir bollern auf kleinen Straßen vorbei an grünen Wiesen Richtung Schwarzwald. 15 Grad.
War irgendwas? Ich kann mich schon fast nicht mehr erinnern.
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Jürgen ‚JvS‘ Theiner (Sonntag, 03 Februar 2019 22:38)
Sehr cool. Buchstäblich und im wahrsten Sinn des Wortes �
Marco (Montag, 04 Februar 2019 15:45)
Ich kann mit dir fühlen.
Selbst schon das Problem gehabt dass auf einer Herbsttour dann doch etwas Schnee auf der Passstrasse lag.
SuseMoto (Freitag, 15 Februar 2019 17:30)
Lieben Dank für eure „warmen“ Worte... mit dem Gefühl bringen wir uns gegenseitig durch den Winter :-)
Sonnige Grüße
Suse